Zungenbändchen
Das Zungenbändchen wird erst dann sichtbar, wenn man die Zunge zum Gaumen hin aufstellt. Es ist klein, aber von großer Bedeutung für die Beweglichkeit der Zunge; ein zu kurzes Zungenbändchen kann diese Beweglichkeit einschränken. Das betrifft das Saugen an der Brust, aber auch den Druck, mit dem die Zunge beim Saugen den Gaumen formt und selten die Sprachentwicklung.
Die Art und Intensität der Symptome hängt von der Kürze des Bändchens ab. Der Großteil der Babys mit kurzem Zungenbändchen hat gar keine Probleme, weder beim Füttern noch beim Sprechen. Es handelt sich meist um leichte, sog. partielle Formen; dabei reicht ein kurzes, dünnes, häutiges Band bis zur Zungenspitze. Die vollständige Ankyloglossie, also die ausgedehnte Verwachsung mit dem Zungengrund ist extrem selten und muss von einem Kinderchirurgen operativ korrigiert werden.
Bei sehr kurzem Zungenbändchen kann es aber zu Schwierigkeiten beim Stillen kommen, da die Babys die Brustwarze nicht ausreichend stimulieren und beim Schlucken Probleme entwickeln können. Stillende Mütter eines Säuglings mit Zungenbändchen berichten über Schmerzen in den Brustwarzen oder von Schwierigkeiten beim Anlegen ihres Kindes. Die Babys können beim Stillen abrutschen, schlucken Luft und können dadurch Bauchschmerzen bekommen.
Damit ein Baby gut an der Brust saugen kann, umfasst die Zunge die Brustwarze und drückt durch eine wellenförmige Bewegung die Milch aus der Brust. Dabei muss die Zunge weit nach vorne kommen können. Bei einem Zungenbändchen kann sich das Anlegen als schwierig gestalten, das Baby lässt die Brust immer wieder los. Zudem kann das Stillen für die Mutter schmerzhaft sein. Auch wunde Brustwarzen können die Folge sein, wodurch es zu einem verfrühten Abstillen kommen kann. Selten kommt es zu schlechtem Gedeihen des Kindes durch mangelhafte Milchaufnahme.
Es können aber auch manche der oben genannten Anzeichen auftreten, obwohl das Baby gesund ist und kein kurzes Zungenbändchen hat. Unter Stillberaterinnen wird das Schneiden des Zungenbändchens daher zunehmend gefordert, um für Kind und Mutter das Stillen zu erleichtern; zudem wird auf die einfache Durchführung in den ersten Lebenswochen hingewiesen.
Die Deutsche Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie (W. Angerstein) stellt zur Sprachentwicklung bei kurzem Zungenbändchen fest: „Nach übereinstimmenden Angaben der Fachliteratur haben sowohl ein verkürztes
Zungenbändchen als auch ein verkürztes Lippenbändchen kaum jemals negative Auswirkungen auf Lautbildung oder Sprachentwicklung. Nur in sehr seltenen Einzelfällen kann es zur Behinderung der Bildung von Lauten, welche mit Hilfe der Zungenspitze entstehen (z. B. d, t, n, l, s, ks, ts, Zungenspitzen-r, englisches th) kommen.“
Es gibt keine verbindlichen Kriterien für eine Operation, so dass die Entscheidung dafür die Erfahrung des Kinderarztes und der Stillberaterin erfordert. Entscheidend sind Art und das Ausmaß der Beschwerden, ein kurzes Zungenbändchen, das keine Probleme verursacht, muss nicht behandelt werden.
Bei ausgeprägten Beschwerden kann ein kurzes, dünnhäutiges Zungenbändchen vom Kinderarzt durch einen kleinen Eingriff durchtrennt werden. Es ist dazu keine Narkose erforderlich, die Kinder können nach der Durchtrennung sofort wieder saugen. Eine Besserung des Stillverhaltes tritt unmittelbar ein, wenn das Zungenbändchen die Ursache war.
Es ist aber empfehlenswert, dickere Zungenbändchen in örtlicher Betäubung von einem Kinderchirurgen durchtrennen zu lassen. In keiner Studie wurde über erwähnenswerte Komplikationen dieser Durchtrennung berichtet; eine Schweizer Studie hat darauf hingewiesen, dass 90.2% aller Mütter nach einer OP diesen Eingriff nochmals bei ihrem Kind durchführen lassen würden.
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