Mittelohrentzündung

Hinter dem Trommelfell liegt das Mittelohr, in dem sich die Gehörknöchelchen Hammer, Amboss und Steigbügel befinden. Das Mittelohr ist über einen Gang (die so genannte Ohrtrompete, Tuba auditiva) mit dem Rachen verbunden.

Einer Mittelohrentzündung geht meist ein Virusinfekt der oberen Luftwege wie beispielsweise ein Schnupfen voraus. Die Krankheitserreger können über diese Ohrtrompete aus dem Nasen-Rachenraum in das Mittelohr gelangen und dort eine Entzündung auslösen. Durch diese Infektion kann es zu Schleimhautschwellungen kommen, die die Belüftung des Mittelohres verringern. Es entstehen ein Unterdruck und ein Erguss im Mittelohr, der eitrig werden kann. Die Mittelohrentzündung tritt häufig im Kleinkindalter auf, weil sie noch eine kurze, aber weite Ohrtrompete haben und Keime leichter ins Mittelohr eidringen können. Die Erkrankung kann schon bei Säuglingen vorkommen, besonders häufig ist sie im Vorschulalter zwischen dem vierten und sechsten Lebensjahr.

Die bakterielle Mittelohrentzündung (Otitis media akuta) wird überwiegend durch Pneumokokken, Streptokokken, Haemophilus influenzae und Staphylokokken verursacht. Auch eine große Zahl von Viren kann eine Mittelohrentzündung verursachen, häufig in Verbindung mit einem Infekt der oberen Luftwege. Die virale Infektion kann alleine auftreten oder eine bakterielle Infektion begünstigen.

Starke pulsierende Ohrenschmerzen entstehen durch die Flüssigkeit im Mittelohr, die gegen das Trommelfell drückt. Die Schmerzen enden rasch, wenn das Trommelfell einreißt und das Sekret abfließen kann. Dieser Einriss verheilt meistens innerhalb von ein bis zwei Wochen. Zu den Beschwerden gehören Allgemeinsymptome wie Fieber, Kopfschmerzen, Abgeschlagenheit, Appetitlosigkeit und Unruhe. Eine vorübergehende Schwerhörigkeit kann vorkommen. Auch Übelkeit und Erbrechen können auftreten. Babys zupfen sich immer wieder am Ohr, weinen und trinken weniger.

Bei der bakteriellen Mittelohrentzündung kann es in den darauffolgenden drei bis acht Tagen zu einem spontanen Trommelfelldurchbruch mit Austritt von Eiter kommen. Anschließend klingen Schmerzen und Fieber ab.

Der Erguss besteht durchschnittlich drei Wochen länger als die eigentliche Entzündung. Bleibt eine Schwerhörigkeit über diesen Zeitraum hinaus bestehen, sollte der Hals-Nasen-Ohren-Arzt das Ohr genauer untersuchen.

Hinweisend sind die Vorgeschichte und die typischen Beschwerden. Besonders wichtig ist die Untersuchung des Trommelfells mit einem Otoskop, um das Trommelfell direkt einzusehen. Bei der optischen Untersuchung des Gehörgangs und des Trommelfells findet sich ein gerötetes, verschwommenes Trommelfell, da sich vorwölbt. Nach einigen Tagen kann aus einem Loch im Trommelfell Eiter austreten. Im Laufe von zwei bis drei Wochen verschwindet die Rötung und das Trommelfell normalisiert sich wieder, die kleine Perforation heilt ab.

Die Krankheitserreger können durch eine Untersuchung des entzündlichen Sekretes im Mittelohr in der Regel nach Entleerung durch das Trommelfell (Perforation) identifiziert werden.

Die Trommelfellbeweglichkeit kann mit einer Tympanometrie überprüft werden, um einen so genannten Paukenerguss (Flüssigkeitsansammlung im Mittelohr) zu erkennen.

Abschwellende Nasentropfen führen zu einer besseren Belüftung des Mittelohres und begünstigen den Abfluss des Sekretes. Schmerzmedikamente, die auch das Fieber senken, gibt es für Säuglinge und Kinder auch als Zäpfchen oder Saft wie etwa Ibuprofen (Nureflex).

Eine antibiotische Behandlung kann notwendig sein, vor allem bei Kindern mit schweren Allgemeinerkrankungen, während der ersten zwei Lebensjahre, bei wiederholt auftretenden Mittelohrentzündungen und bei schweren Krankheitsverläufen. Meist verwendet man ein Breitband-Antibiotikum, das gegen die häufigsten Erreger einer Mittelohrentzündung wirksam ist. Obwohl die Beschwerden meist nach ein bis zwei Tagen abklingen, sollten Antibiotika über sieben bis zehn Tage gegeben werden, um eine komplette Ausheilung zu erreichen. Greift die Entzündung auf den Warzenfortsatz über, kann eine Operation erforderlich werden.

Eine Bestrahlung mit Rotlicht sowie Zwiebelwickel können bei einer akuten Mittelohrentzündung helfen, die Beschwerden zu lindern. Eine Mütze oder ein Stirnband sind als Schutz vor Kälte und Zugluft zu empfehlen; Wasser sollte nicht ins Ohr gelangen.

In schweren Fällen, wenn die Mittelohrentzündung immer wiederkehrt, wird ein kleines Röhrchen in das Trommelfell eingesetzt (Paukenröhrchen). Die Flüssigkeit kann dadurch abfließen und das Mittelohr wird wieder ausreichend belüftet.

Zu den seltenen aber schwerwiegenden Komplikationen gehört die Entzündung des Warzenfortsatzes (Mastoiditis) hinter dem Ohr, wenn die Entzündung auf den Schädelknochen hinter dem Ohr übergeht. Man sieht eine sehr schmerzhafte teigige Schwellung hinter dem Ohr und eine abstehende Ohrmuschel.

Eine entzündliche Beteiligung des Innenohrs und Gleichgewichtsorgans kann sehr selten zu bleibendem Hörverlust und Schwindel führen.

Als sehr seltene Komplikation kann eine Gehirnhautentzündung auftreten; selten sind eine Gesichtsnervenlähmung, Sepsis oder eine Sinusvenenthrombose möglich.

Häufige Mittelohrentzündungen können zu Vernarbungen des Trommelfells und Verwachsungen im Bereich der Gehörknöchelchen führen und eine bleibende Hörstörung (Schallleitungsschwerhörigkeit) zur Folge haben. Bei wiederkehrenden Mittelohrenzündungen kann ein bleibender Defekt im Trommelfell entstehen.

Akute Mittelohrentzündungen treten vor allem in den Wintermonaten auf. Grunderkrankungen wie eine Gaumenspalte, Funktionsstörungen der Ohrtrompete und ein geschwächtes Immunsystem begünstigen die Entstehung von Mittelohrentzündungen.

Tritt eine Mittelohrentzündung bereits im ersten Lebenshalbjahr auf, kann sich diese später wiederholen. Die Verwendung eines Schnullers wird als begünstigend für Ohrenentzündungen beschrieben. Stillen reduziert die Häufigkeit des Auftretens.

Mittelohrentzündungen sind oft nicht zu verhindern. Meist kommt es mit dem Eintritt in den Kindergarten zu einer gewissen Häufung von banalen Infektionen, darunter auch Ohrenentzündungen. Daher kommt es in diesem Alter gehäuft zu Infekten. Bis zu 10 fieberhafte Infekte pro Jahr beim Kindergartenkind können als normal erachtet werden.

Eine Impfung gegen einzelne Erreger wie Pneumokokken und Haemophilus influenzae kann einen Teil der Infektionen verhindern. Stillen stärkt im Allgemeinen das Immunsystem und schützt so vor Infekten, auch zuckerfreier Kaugummi hat einen schützenden Effekt.

Im Kindesalter können Operationen wie eine Entfernung einer vergrößerten Rachenmandel, ein Trommelfellschnitt (Parazentese) und die Verwendung von Paukenröhrchen zu einer Besserung wiederholter Mittelohrentzündungen führen. Bei bestehender Trommelfellperforation ist beim Duschen und Baden ein Ohrenschutz zu empfehlen.

Reinigen Sie das Ohr Ihres Kindes nur außen und verwenden Sie keine Wattestäbchen im Ohr, sondern lassen Sie Ohrenschmalzpfropfen vom Kinderarzt oder HNO-Arzt entfernen.

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