Endokarditis (Herzinnenhaut-Entzündung)
Sie ist grundsätzlich als eine systemische Erkrankung zu sehen, die alle Organe betreffen kann. In 20–40% der Fälle kommt es bei einer Endokarditis zu neurologischen Komplikationen. Bei den Patienten, die zuerst neurologisch auffällig werden, wird die Diagnose signifikant später gestellt.
In ca. 90% der Fälle findet sich bei der Erstvorstellung eine Allgemeinsymptomatik (Abgeschlagenheit, Gewichtsverlust, Gelenkschmerzen, Appetitlosigkeit) und systemische Entzündungszeichen (Fieber, erhöhte Blutsenkung und CRP). Typische kardiale Symptome, vor allem Herzgeräusch oder Herzversagen gelten zwar als Zeichen der Endokarditis, sind aber nicht immer nachweisbar. Typische Hautveränderungen sind kleine Einblutungen oder Knötchen.
Als Risikofaktoren gelten angeborene Herzklappenfehler, Diabetes mellitus, Dialysepflicht, künstliche Herzklappen und in zunehmendem Maße intravenöser Drogenmissbrauch.
Nach den aktuellen Richtlinien (ESC-Guidelines 2004) sind folgende Punkte für eine gezielte weiterführende Abklärung relevant:
- a. Ein neu aufgetretenes Herzgeräusch
- b. Embolien (also Minderdurchblutungen als Folge der Verscheppung von Gerinnseln auf dem Blutweg) unklaren Ursprungs (besonders in das Gehirn oder die Niere)
- c. Sepsis unklarer Genese
- d. Blutbeimengung im Harn oder Niereninfarzierung
- e. Unklares Fieber
Zur endgültigen Einschätzung, ob eine Endokarditis vorliegt oder nicht, dienen die sogenannten Duke-Kriterien mit hoher Sensitivität und Spezifität, bei klinischem Verdacht auf eine Endokarditis empfiehlt sich eine Echokardiographie (Herzultraschall-Untersuchung).
Die Diagnose der subakuten rezidivierenden Endokarditis ist dennoch häufig schwierig. Da sie nicht selten verkannt wird, nennt man sie auch das "Damoklesschwert des Internisten".
Meist stehen die kardialen Komplikationen im Vordergrund: Der wichtigste prognostische Faktor der Endokarditis ist das Vorliegen von Herzversagen. Es entwickelt sich überwiegend innerhalb des ersten Monats; bei schwerem Herzversagen steigt die Sterblichkeit auf etwa 80%.
Embolien, also auf dem Blutwege verschleppte kleinste Auflagerungen der Herzinnenhaut können alle Organe betreffen. Die Auflagerungen an den naturgemäß mechanisch stark belasteten Herzklappen werden mit dem Blutstrom fortgespült. Oft finden sich – klinisch stumme – Infarkte in Gehirn, Milz und Nieren, gelegentlich embolische Darminfarkte.
Als Vorbote einer neurologischen Komplikation gilt der Kopfschmerz; neurologische Symptome sind häufig bereits bei der ersten Vorstellung beim Arzt vorhanden und verschlechtern die Prognose bezüglich der Sterblichkeit (in einer Studie war sie verdreifacht) und bleibender Behinderung. Der Hirninfarkt, auch in kleiner und passagerer Form gilt als die die häufigste neurologische Komplikation, gefolgt aber von einer uncharakteristischen Enzephalopathie (Gehirnkrankheit) mit diverser Symptomatik. Die Literatur gibt eine Häufigkeit dieser Enzephalopathie mit 5-24% der Erkrankten an. Eine Enzephalopathie ohne fokale neurologische Defizite wird in bis zu einem Drittel der Endokarditispatienten gefunden, allerdings ist sie bei der Endokarditis zu mindestens 2/3 durch Hirninfarkte bedingt.Mit dem Vorhandensein einer Enzephalopathie ist die Sterblichkeit der Endokarditis mit 60% gegenüber 23% bei Patienten mit anderen neurologischen Komplikationen erhöht. Bei 7 % dieser Patienten bestehen isolierte Krampfanfälle.
Die Endokarditis kann durch gezielte antibiotische Therapie, allenfalls durch eine Operation an den Herzklappen (Klappenersatz) behandelt werden; die wichtigste Operationsindikation ist das Herzversagen. Eine Endokarditis ist eine schwere systemische Erkrankung, die in jedem Fall die Zusammenarbeit aller beteiligter Fachgebiete (z. B. Kardiologie, Mikrobiologie, Kardiochirurgie, Neurologie) erfordert.
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